Bundesgerichtsentscheid zum Organisationsmangel - kein Widerruf eines Auflösungsentscheids
Einer Aktiengesellschaft wurde aufgrund Fehlens einer Revisionsstelle rechtskräftig die Auflösung angeordnet. Die Aktiengesellschaft machte später geltend, sie habe sämtliche Forderungsbeträge beglichen und den Organisationsmangel, der zu ihrer Auflösung geführt habe, in der Zwischenzeit behoben. Das Bundesgericht musste sich entscheiden (4A_238/2014), ob die angeordnete Auflösung der Gesellschaft, gemäss den Vorschriften des Konkurses, widerruft werden kann.
Generell vorherrschende Lehrmeinung ist, dass ein solcher Konkurs nicht mehr rückgängig gemacht werden kann und das Bundesgericht entschied gleichermassen. Zur Begründung führte es an, dass die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung vom SchKG Art. 195 nicht erfüllt seien, da keine Gesetzeslücke vorliege. Dies aus zwei Gründen:
- Die ZPO siehe zwar keine ausdrückliche Regel zur Frage der Widerrufbarkeit von Organisationsmängelentscheiden vor, allerdings gelte im Zivilprozess der allgemeine Grundsatz, wonach Summarentscheide den ordentlichen Entscheiden, hinsichtlich Rechtskraft, gleichgestellt seien. Da Auflösungsentscheide gestützt auf OR Art. 731b Abs. 1 Ziff. 3 zu denjenigen Summarverfahren gehören, würden diese nicht in einem ordentlichen Verfahren zu prosequieren (weiter zu bringen) sein, in denen das Gericht hinsichtlich der Rechtsanwendung volle Kognition besitze. Dann würden sie mit Ablauf der Rechtsmittelfrist formell rechtskräftig und könnten einzig nach den Regeln der Revision (Art. 328 ff. ZPO) nachträglich abgeändert werden (E. 2.5.2).
- Zudem sei, so das Bundesgericht mit Hinweis auf die Botschaft zur Revision des Obligationenrechts (GmbH-Recht), davon auszugehen, dass der Gesetzgeber eine nachträgliche Widerrufbarkeit von Auflösungsentscheiden stillschweigend ausgeschlossen habe. Dies aus dem Grunds, dass die zwangsweise Liquidation nach den Vorschriften über den Konkurs gerade auch dann zur Anwendung gelangen solle, wenn die Gesellschaft nicht überschuldet sei (E. 2.5.3).
Dieses Ergebnis, so das Bundesgericht, stehe zudem im Einklang mit der Konzeption des Organisationsmängelverfahrens. Die im OR Art. 731b Abs. 1 genannten Massnahmen würden in einem Stufenverhältnis stehen. Da die Auflösung der Gesellschaft gestützt auf OR Art. 731b Abs. 1 Ziff. 3 ohnehin erst auszusprechen sei, wenn alle milderen Mittel versagt bzw. nicht zielführend gewesen seien, müsse der Auflösungsentscheid mit Eintritt der formellen Rechtskraft definitiv sein.